Kuleba: Kappung der ukrainischen Armee würde "den Weg zur Hölle ebnen"
Der ehemalige ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärt im Gespräch mit Euronews, dass eine Verkleinerung der ukrainischen Streitkräfte im Rahmen eines Abkommens mit Russland eine "Demütigung" für Kyjiw wäre. Seiner Meinung nach würde das Land so anfälliger für künftige russische Aggressionen werden.
"Wenn man eine Obergrenze für die Armee festlegt (...) ist das eine klare Botschaft, dass eine ausländische Macht deine Armee, deine Nation demütigt", so Kuleba in der Euronews-Interviewsendung "12 Minutes with".
"Wir werden den Weg zur Hölle ebnen mit der guten Absicht, die Russen zufrieden zu stellen. Die Kappung der Armee ist dafür das beste Beispiel."
Die diplomatischen Bemühungen um ein Friedensabkommen haben sich aufgrund des geleakten 28-Punkte "Friedensplan", der von den USA und Russland verfasst wurde, beschleunigt. Vermutungen zufolge wurde der Plan jedoch hauptsächlich von der russischen Seite verfasst.
Der ursprüngliche amerikanisch-russische "Friedensplan" forderte eine Obergrenze von 600.000 Soldaten für die ukrainische Armee. Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dienen derzeit fast eine Million Soldaten in der Armee.
Der ebenfalls geleakte europäische Gegenvorschlag, der Anfang dieser Woche bei Gesprächen in Genf ausgearbeitet wurde und keine offizielle Verhandlungsposition widerspiegelt, sah eine höhere Obergrenze von 800.000 Soldaten in Friedenszeiten vor.
In der EU wurde eine solche Obergrenze abgelehnt. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagte am Mittwoch, dass ein Friedensabkommen Russlands Armee als die der Ukraine begrenzen sollte.
Die Verbündeten der Ukraine, die Teil der ukrainischen "Koalition der Willigen" sind, haben lange Zeit bekräftigt, dass eine starke ukrainische Armee die beste Sicherheitsgarantie für das Land sei.
"Keine Guten Zeiten für Europa"
In den vergangenen Monaten haben sie ihren Schwerpunkt auf die Stärkung des ukrainischen Militärs als Alternative zum Einsatz ausländischer Truppen verlagert.
Ein weiteres Konzept, das noch auf dem Tisch liegt, ist die Gewährung von Sicherheitsgarantien für Kyjiw, die mit Artikel 5 des NATO-Vertrags vergleichbar sind, der besagt, dass ein Angriff auf einen Verbündeten ein Angriff auf alle ist, ohne dass die Ukraine ein vollwertiges NATO-Mitglied wird.
"Ist es nicht peinlich, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs nach fast vier Jahren Krieg immer noch von einem Thema zum anderen springen, von der Entsendung von Friedenstruppen über die Verstärkung der ukrainischen Armee bis hin zu einem Angebot wie Artikel 5", fragt Kuleba.
"Bei diesem Tempo der Entscheidungsfindung und dem konzeptionellen Verständnis, wohin Europa steuert, stehen Europa keine guten Zeiten bevor", ergänzt der ehemalige ukrainische Außenminister.
Kuleba ist zudem der Meinung, dass der Vorstoß für eine Einigung aufgrund der "aggressiven und unberechenbaren Handhabung des ursprünglichen 28-Punkte-Plans durch Washington" und aufgrund von durchgesickerten Gesprächen zwischen amerikanischen und russischen Gesandten, die enthüllten, wie der Plan ausgearbeitet wurde, "bereits auseinander gefallen ist".
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