Startschuss für Benko-Prozesse: Zehn Jahre Haft möglich

Von den Vorwürfen gegen ihn will Österreichs wohl prominentester Investor René Benko nichts wissen. Beim ersten Verhandlungstag am Landesgericht Innsbruck bekennt Tirols Pleite-Milliardär sich nicht schuldig. Stattdessen habe er "bis zur körperlichen Selbstaufgabe" um sein Lebenswerk gekämpft, wie sein Anwalt Norbert Wess vor Gericht beteuert.
In dem Verfahren geht es um mutmaßlich beiseite geschaffte Vermögenswerte. 667.566 Euro soll Benko im privaten Insolvenzverfahren nach Angaben der Staatsanwaltschaft versucht haben, vor Gläubigern zu verstecken.
Villa, Darlehen, Geldflüsse über die Mutter
Die Hälfte sei in einen vermeintlichen Miet- und Betriebskostenvorschuss für eine Innsbrucker Villa geflossen, laut Staatsanwaltschaft ist das "wirtschaftlich nicht vertretbar". Das Haus soll über seine Mutter laufen, wie die Tagesschau berichtet. Die andere Hälfte soll er seiner Mutter geschenkt und als Rückführung eines Darlehens deklariert haben. Bis zu zehn Jahre Haft drohen dem 48-jährigen Benko.
Der Vorwurf an Benko lautet "betrügerische Krida", wie es in Österreich heißt. Vergleichbar ist das etwa mit einem Betrug im Zusammenhang mit einem Bankrott.
Weil Benko sich nicht umfassend vor Gericht äußern wollte, beendete Richterin Andrea Wegscheider den Prozesstag bereits nach zwei Stunden. Am Mittwoch geht es wie geplant weiter. Acht Zeugen sollen am zweiten und voraussichtlich letzten Prozesstag vernommen werden, darunter Benkos Mutter und seine Tochter. Das Urteil wird bereits am Mittwoch erwartet.
Ein Dutzend Ermittlungsverfahren
Es ist der erste von vielen möglichen weiteren Prozessen. Experten erwarten das komplexeste Wirtschaftsverfahren Österreichs seit dem Zweiten Weltkrieg. Etwa ein Dutzend Ermittlungsverfahren laufen gegen Benko sowie weitere Signa-Verantwortliche.
Die österreichische WKStA, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, ermittelt unter anderem wegen des Verdachts auf Betrug, Untreue, Bankrott und Verheimlichung von Vermögen gegenüber Gläubigern und Insolvenzverwaltern. Es könnte lange dauern, bis die Justiz die Causa Benko abschließen kann.
Zwei Jahre ist mittlerweile der Zusammenbruch von Benkos Signa-Imperium her. Mit rund 1000 Gesellschaften und Tochterfirmen war sein Firmenkonstrukt äußerst komplex.
Dem Signa-Konzern gehörten Luxusobjekte wie das Berliner Nobel-Kaufhaus KaDeWe und das Chrysler-Building in New York. 2021 begann die Firma mit dem Bau des Elbtowers in Hamburg, der nie fertiggestellt wurde. Der Kauf der Kaufhausketten Karstadt und Galeria, Managementfehler sowie steigende Zinsen und Baukosten hatten den Konzern in die Misere gebracht.
Milliardenschulden und hunderte Insolvenzverfahren
Gläubiger fordern insgesamt rund 27 Milliarden Euro. Neun Milliarden Euro davon sind anerkannt. Hunderte Insolvenzverfahren laufen. Seit Anfang des Jahres sitzt der Pleitier in Untersuchungshaft.
René Benko galt in Österreich als "Wunderwuzzi". Vom Schulabbrecher stieg er rasant zum Immobilien-Tycoon auf. Den Grundstein für seine Signa-Gruppe legte er mit dem günstigen Ausbau von Dachböden in Innsbruck, die er später teuer verkaufte. Seine Immobiliengesellschaft Signa Holding gehörte zu den größten in Österreich. Zeitweise wurde sein Vermögen auf fast fünf Milliarden Euro geschätzt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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