Thüringens Innenminister erhebt Spionageverdacht gegen AfD: Was steckt dahinter?

Laut Berichten hat sich ein AfD-Abgeordneter bei der Thüringer Landesregierung detailliert nach militärischen Transporten im Bundesland erkundigt: über deren Routen auf Straße und Schiene, mögliche Haltepunkte und das Vorgehen der Behörden, sollte eine ausländische Drohne solche Transporte beobachten. Zudem wollte er wissen, welche Stellen im Ernstfall informiert werden und ob die Gefahrenbewertung in die Zuständigkeit von Land oder Bund fällt.
Innenminister Georg Maier (SPD) hat den Verdacht, die AfD könne das Fragerecht missbrauchen - damit haben die Anfragen eine sicherheitspolitische Dimension bekommen. Maier warnte im Gespräch mit dem Handelsblatt, die AfD würde das parlamentarische Fragerecht womöglich nicht zur Kontrolle der Regierung nutzen, sondern um gezielt Informationen über sensible Bereiche der Infrastruktur zu sammeln.
Er sagte, man beobachte "seit geraumer Zeit mit zunehmender Sorge", dass die Partei gezielt Informationen über kritische Infrastruktur abfrage und sieht darin ein mögliches Sicherheitsrisiko. Nach seiner Einschätzung könnten Anfragen dieser Art dazu dienen, ein detailliertes Bild über die Infrastruktur zu gewinnen, das auch für ausländische Akteure, wie beispielsweise Russland, von Interesse sein könnte.
Die Wirtschaftswoche berichtete Ende August auf Berufung von drei westlichen Geheimdiensten, dass Russland und seine Verbündeten Überwachungsdrohnen über Ostdeutschland einsetzen, um Informationen über westliche Waffenlieferungen an die Ukraine zu sammeln. Sie kundschaften die immer neuen Routen der europäischen Militärtransporte aus, bringen in Erfahrung, welche Waffen die Ukraine erreichen sollen, von wo aus neues Kriegsgerät geliefert wird und wann neue Munition die Front erreicht.
Die AfD weist diesen Vorwurf entschieden zurück. Fraktionschef Björn Höcke schrieb in einem Beitrag auf X, dass "das Recht, Kleine Anfragen zu stellen, böswillig in einen Akt der Spionage umzudeuten und damit frei gewähle Abgeordnete zu krimininalisieren", die Demokratie gefährde und forderte Thüringens Ministerpräsident auf, Maier "sofort" zu entlassen.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, erklärte dem Spiegel zufolge, dass die Partei lediglich aufdecken wolle, wie sehr die großen Parteien die Infrastruktur vernachlässigt hätten.
Russische Spionage in Deutschland: Euronews-Serie zu Wegwerf-Agenten ab nächster Woche
Der Rechtsextremismus Forscher Dr. Johannes Kieß sagte im Gespräch mit Euronews, dass das Stellen vieler Anfragen auch dazu dient, Chaos zu schüren, da sie die Behörden beschäftigen – "und das nicht nur auf Bundes oder Landesebene, sondern vor allem eben auch auf kommunaler Ebene".
Damit soll mitunter versucht werden, "die Verwaltungen lahmzulegen, zu nerven, in die Funktionsunfähigkeit sozusagen zu treiben, um mit dem wachsenden Chaos, mit der wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung die eigenen, das eigene Klientel zu mobilisieren." Kieß zufolge zielt Russland auch darauf ab, die europäischen Länder zu destabilisieren, um den eigenen Einfluss ausweiten zu können.
Russland wird der Spionage und Sabotage als Teil seiner hybriden Kriegsführung gegen den Westen – und somit auch Deutschland – beschuldigt. Darunter fallen auch die sogenannten "Wegwerf-Agenten".
Ab dem 27. Oktober 2025 startet auf euronews.de eine Recherche-Serie über Russlands Spionage-Terror in Deutschland.
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