Volle Fahrt voraus: Grünes Licht für milliardenschweres Sondervermögen

Eine Zweidrittelmehrheit war im Bundestag nötig, um das Grundgesetz an drei verschiedenen Stellen zu ändern. Das millionenschwere Finanzpaket von Union und SPD erhielt 513 "Ja"-Stimmen. Der Gesetzentwurf ist somit mit der erforderlichen Mehrheit angenommen worden.
Somit hat der abgewählte Bundestag grünes Licht für die Lockerung der Schuldenbremse gegeben – für höhere Verteidigungsausgaben und Kredite von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur, darunter auch 100 Milliarden für den Klima- und Transformationsfonds. Den Anteil für das Klima haben Union und SPD vergangene Woche mit den Grünen verhandelt, die sie erst überzeugen mussten.
Während ihrer Rede im Bundestag kritisierte die Co-Vorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, den CDU-Chef und möglichen nächsten Bundeskanzler Friedrich Merz dafür, die Schuldenbremse nicht schon früher reformiert zu haben.
Noch vor der Wahl und während des Wahlkampfs hatte Merz mehrfach versprochen, unter seiner Führung keine neuen Schulden zu machen und die Schuldenbremse unangetastet zu lassen.
In mehreren Reden, unter anderem von Abgeordneten der AfD und FDP, wurde der Union deshalb eine "Täuschung der Wähler" vorgeworfen. Der künftige FDP-Chef Christian Dürr sagte danach, dass die "Finanzarchitektur unseres Landes fundamental geändert wird", da die Schuldenbremse eine "Versicherung für die kommende Generation" gewesen sei.
Vor der Abstimmung hatten mehrere Abgeordnete der AfD, der Linken und des BSW Eilanträge beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Diese wurden jedoch alle abgewiesen, mitunter weil die Wahlperiode des alten Bundestages nach Artikel 39 Grundgesetz erst durch das Zusammentreten des neuen Bundestages endet.
Merz bekräftigte in seiner Rede, dass die Entscheidung keine einfache gewesen sei. "Aber die Lage, vor der wir stehen, die Probleme, die wir gemeinsam lösen müssen, die großen Herausforderungen in der Außen- und Sicherheitspolitik, die in den letzten Jahren auf uns zugekommen sind und sich in den letzten Wochen für uns alle noch einmal drastisch verschärft haben – wenn wir diese Lage betrachten, dann können wir die Grundgesetzänderung mit gutem Gewissen beschließen", so Merz.
"Wir eröffnen eine Perspektive für unser Land, die in der Zeit, in der wir heute leben, dringend geboten ist."
"Mehr Truppen, mehr Ausrüstung, schnellere Einsatzbereitschaft"
Die Schuldenbremse wird nach den Verhandlungen mit den Grünen nicht nur für Verteidigungsausgaben gelockert, sondern auch für Cybersicherheit, Zivil- und Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste sowie die Unterstützung völkerrechtswidrig angegriffener Staaten, wie die Ukraine.
Verteidigungs- und Sicherheitsausgaben bis zu einem Prozent des BIP, was rund 44 Milliarden Euro entspricht, unterliegen weiterhin der Schuldenbremse. Alles darüber hinaus kann unbegrenzt durch Kredite finanziert werden.
SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius begrüßte die Lockerung mit der Begründung, dass "wir ein starkes Europa brauchen, das in der Lage ist, unseren Wohlstand und unsere Sicherheit zu verteidigen."
Er fügte hinzu, dass ein neues, gemeinsames Sicherheitspolitisches Bekenntnis gebraucht werde und Deutschland "heute Verantwortung übernehmen müsse".
"Wer heute zaudert, sich heute nicht traut, verleumdet die Realität", sagte Pistorius. "Auch auf die Kritik der FDP konterte Pistorius, dass die Zukunft nicht "verkauft, sondern gesichert werde".
"Die Bedrohungslage steht vor der Kassenlage", so Pistorius.
Was ist Teil des finalen Entwurf des Finanzpakets?
Das Finanzpaket beinhaltet milliardenhohe Ausgaben im Bereich Verteidigung und Infrastruktur.
Die Verteidigungsfinanzierung soll durch eine Ausnahme von der Schuldenbremse im Grundgesetz gesichert werden, was es konkret möglich machen soll, bestimmte Ausgaben für die nationale Sicherheit, die über ein Prozent der Wirtschaftsleistung hinausgehen, über neue Schulden zu finanzieren.
Doch auch die Bundesländer sollen sich künftig stärker verschulden dürfen – gemeinsam bis zu 0,35 Prozent des BIP, was derzeit um die 15 Milliarden Euro entspricht.
Zusätzlich ist ein kreditfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz geplant. Die Mittel sollen über zwölf Jahre verteilt werden. 100 Milliarden Euro sollen an die Länder gehen.
Merz: Drei Milliarden Euro Ukraine-Hilfen könnten noch Freitag freigegeben werden
Medienberichten zufolge kündigte Merz in einer Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag an, dass die geplante Aufstockung der Ukraine-Hilfe um drei Milliarden Euro nach der Zustimmung zum Finanzpaket im Bundestag und Bundesrat an diesem Freitag freigegeben werden soll.
Er betonte, dass dies die erste direkte Folge der heutigen Bundestagsentscheidung sei.
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